Der Freizeitgolfer

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Buchbesprechung: Olaf Dudzus u. Christoph Meister: 125 Jahre Golf in Berlin und Brandenburg, Deutscher Golfverlag Potsdam 2020


Abb. 1 Titelblatt

125 Jahre nach der Gründung des „Berlin Golf Clubs“ legen die beiden Golfhistoriker Dudzus und Meister eine kenntnisreiche Studie zu den Anfängen und historischen Entwicklungen des Golfsports in Berlin und Brandenburg vor. Die Monographie fußt auf einer ersten Publikation aus dem Jahr 2012 mit dem Titel „Von Gründern und Golfplätzen“, in der die beiden Autoren vor allem die Entwicklung des Golf- und Land-Clubs Berlin-Wannsee thematisierten.

Konzept
Das vorliegende Werk geht nun einen Schritt weiter, in dem es neben den sportlichen Aspekten auch auf gesellschaftliche und politische Themen sowie Einzelschicksale eingeht. Auch die Zeit des Nationalsozialismus sowie die Jahre des Wiederaufbaues nach dem Zweiten Weltkrieg werden beleuchtet. Als Quellen dienen Informationen aus in- und ausländischen Archiven sowie Briefe, Zeitungsartikel oder Bücher von bzw. über ehemalige aktive Berliner Golfer. Diese Quellenvielfalt muss als eines der Highlights des Buches hervorgehoben werden. Zum einen spiegelt sie die akribische Recherchearbeiten der Autoren wider, zum anderen wirkt der Text dadurch lebendig und authentisch. In diesem Zusammenhang sei auch das Design gelobt: neben dem gut leserlichen, doppelspaltigen Text werden Originalquellen ebenso abgebildet, wie historische Fotos, Platzlayouts oder Ausschnitte aus zeitgenössischen Zeitschriften. Zudem liefern textbegleitende Fußnoten Hintergrundinformationen zu Personen oder historischen Ereignissen. Das vorhandene Leseband gefällt vor allem den Bücherfreunden.

Inhalt
Der Inhalt ist chronologisch angeordnet und beleuchtet in Abschnitten immer einen Zeitraum von zwanzig Jahren. Diese Aufteilung ermöglicht es, bei besonderen Interessensgebieten, einzelne Kapitel, z.B. „Die zweiten 20 Jahre 1914 - 1934“ für die Zeit des 1. Weltkriegs und der Weimarer Republik, priorisiert zu lesen. Exemplarisch sei im Folgenden auf drei Zeitperioden eingegangen:

Gründung
Bereits in der Einleitung gehen die Golfhistoriker auf die Gründung des Charlottenburger Golf Clubs 1894 durch fünf Studenten der Königlich Technischen Hochschule ein. Die Autoren können nachweisen, dass dieser Club als Vorläufer des ein Jahr später gegründeten „Berliner Golf Clubs“ gelten kann. Einer der Gründerväter war Andrew Pitcairn-Knowles, der im Jahr 1893 bereits in Wiesbaden eine Golfanlage errichtet hatte. Dieser sportbegeisterte Schotte zeichnete sich u.a. als Herausgeber und Chefredakteur der ersten deutschen Sportzeitung „Sport im Bild“ aus. Der neue Berliner Golfclub wurde in seinen Anfängen durch prominente Diplomaten, vor allem aus dem englischsprachigen Raum, geprägt. So kam es, dass die Mitglieder anfänglich hauptsächlich Amerikaner und Briten waren. Jedoch vergrößerte sich die Zahl der deutschen Mitglieder bis zum 1. Weltkrieg stetig. In den 20’er Jahren des 20. Jahrhunderts, ging schließlich der heute noch existierende „Golf- und Land-Club Berlin-Wannsee“ aus dem „Berliner Golf Club“ hervor.

NS-Zeit

Abb. 2 Taschenanhänger

Wie bereits erwähnt, wird neben der sportlichen Entwicklung vor allem das politische Leben in Berlin des 20. Jahrhunderts thematisiert. Hierbei zeigt sich einmal mehr, dass Sportgeschichte nicht losgelöst von historischen Ereignissen gesehen werden kann. Besonders deutlich wird dies bei der Behandlung der Zeit des Nationalsozialismus. Dudzus und Meister beschreiben in bedrückender Weise, wie jüdische Mitglieder ab 1933 systematisch aus dem Club gedrängt wurden. Auch diejenigen, die den Club in finanzieller Hinsicht z.B. mit Beiträgen für eine lebenslange Mitgliedschaft sowie Spenden, gefördert hatten. Trauriger Höhepunkt war die Einbestellung jüdischer Mitglieder am Silvestertag 1936, an dem man ihnen nahelegte, ihren „freiwilligen“ Austritt aus dem Golfclub zu erklären. Das Buch liefert aber auch Geschichten individuellen Widerstandes einzelner Mitglieder gegen das Regime bzw. der Bekämpfung von Nazi-Deutschland durch Eintritte von Mitgliedern in die Armeen der Alliierten. Eindrucksvoll ist darüber hinaus der Zeitzeugenbericht von Clubmitglied Herbert Ginsberg über seine Flucht und die Zeit im Untergrund in den Niederlanden von 1942 - 1945!

Nachkriegszeit
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ging das Clubgelände in die Hände der Amerikaner über, die zunächst die Kriegsschäden behoben und die Bahnen wiederherstellten. Bereits 1947 wurde wieder über 18 Loch gespielt. Deutsche Golferinnen und Golfer waren zunächst nicht zugelassen. Sie spielten von 1947 bis 1952 auf dem ehemaligen privaten Golfplatz von Leo van den Bergh, der 1936 in die USA emigriert war, in Kladow. Ab Mitte der 50’er Jahre näherten sich amerikanische und deutsche Golfenthusiasten langsam an. Man spielte u.a. gemeinsame Turniere und nach 1959, dem Jahr indem das neue Clubhaus gebaut wurde, konnten auch immer mehr Deutsche dem Club beitreten.

Abb. 3 Inhalt

Die Nachkriegszeit war zudem geprägt von Bestrebungen ehemaliger Mitglieder, in der Zeit des Nationalsozialismus erlittenes Unrecht zu ahnden. So wurden bei den zuständigen Behörden  Anträge u.a. auf Erstattung von geleisteten Mitgliedsbeiträgen ebenso gestellt wie auf Rückgabe von Grundstücken und Häusern entlang des Golfplatzes. Auch das Wiederaufleben der vor dem Krieg abgeschlossenen lebenslangen Mitgliedschaften wurde bis in die 60’er Jahre vereinzelt gewünscht. Die meisten dieser Anträge verliefen aus den unterschiedlichsten Gründen im Sande. Von Seiten des Berliner Golf- und Land-Clubs konnten die Antragsteller keine Hilfe erwarten. Dudzus und Meister belegen, wie sich die handelnden Personen erfolgreich gegen jede Art der „Wiedergutmachung“ wehrten. Daher kommen die Autoren zu dem Schluss: „Tatsächlich hat der Club in den letzten 70 Jahren wiederholt Gelegenheiten verpasst, den Überlebenden eine Geste des Verständnisses zukommen zu lassen“ (S. 140)

Abb. 4 Golfplätze

Zusammenschluss
Nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten und dem Abzug der Amerikaner ging die amerikanische Golfanlage in den Besitz des Golf- und Land-Clubs Berlin-Wannsee über, der seit den 50’er Jahren neben dem US-Platz einen 9-Loch Kurs betrieb. Auch die inzwischen etwa 500 deutschen Mitglieder des „Berlin Golf and Country Club“ wurden übernommen. Spätestens mit dem „Vereinigungsturnier“ am 1. Oktober 1994 war der Zusammenschluss beider Golfclubs vollzogen.     


Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass den beiden Golfhistorikern Dudzus und Meister mit diesem Buch ein ganzheitlicher Blick auf 125 Jahre Golfgeschichte in Berlin und Brandenburg gelungen ist. Dabei bewahren sie stets eine kritische Haltung zu tradierten historischen Entwicklungen, die sie mit umfangreichen Recherchen prüfen und gegebenenfalls revidieren. Manchmal beschleicht den Leser die Frage, ob in dieser Publikation die Geschichte des Golfsports in Berlin und Brandenburg vor dem Hintergrund der historsichen, politischen Ereignisse erzählt werden soll oder umgekehrt. Jedoch unabhängig davon, wie man für sich diese Frage beantwortet, kommen Interessentinnen und Interessenten an deutscher Geschichte in diesem Buch ebenso auf ihre Kosten, wie Golferinnen und Golfer, die mehr über Ursprünge und Hintergründe des Golfsports auf deutschem Boden erfahren möchten!

„Das jetzt vorgelegte Werk »125 Jahre Golf in Berlin und Brandenburg« versteht sich auch als Beitrag, früheren Generationen von Golf-Enthusiasten historische Gerechtigkeit widerfahren zu lassen“. (S.140)   

Diese selbstformulierte Intention der Autoren bezüglich des begangenen Unrechts in der Zeit des NS-Regimes wird nach Ansicht des Rezensenten mit diesem Werk erfüllt. Es wäre wünschenswert, dass „125 Jahre Golf in Berlin und Brandenburg“ auch eine Leserschaft über die Golf-, Stadt- und Landesgrenzen hinaus findet!

Abbildungsnachweise:
Abb. 1 "125 Jahre Golf in Berlin und Brandenburg" - Titelseite
Abb. 2 Ebenda S. 43
Abb. 3 Ebenda S. 8-9
Abb. 4 "Von Gründern und Golfplätzen" S. 47

Weiterführende Literatur:
O.Dudzus: Von Mythen und Wahrheiten. Recherchen mit Neuem und Überraschendem, in: Golfmanager-Magazin 6, 2015, S. 80-83. https://www.golfmanager-greenkeeper.de/fileadmin/content/Importe_gm/2015/gm0615_s80bis83.pdf 8zuletzt abgerufen am 17.01.2022)

O. Dudzus - Chr. Meister: Von Gründern und Golfplätzen, Berlin 2012

D. R. Quanz: Berliner Glanzzeiten. Der DGV erwacht, in: 100 Jahre Golf in Deutschland, hrsg v. DGV, Bd. 2 Glanzzeiten / Schattenseiten 1924 -bis 1949, Oberhaching 2007, S. 29 - 51


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