Der Mills-Ray Putter von „Standard Golf“ aus dem Jahr 1911/12
Zum Ende des 19. Jahrhunderts revolutioniert ein Material die Golfschlägerherstellung: Das Aluminium. Vorreiter und Patentinhaber ist William Mills aus Sunderland. Wie entwickelte er den Putter und was macht die Schläger dieses Clubmakers so besonders?
Anfänge liegen im Schiffsbau
William Mills besaß um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert eine Fabrik für Schiffsbauten, in der er aus Gewichtsgründen viel Aluminium verarbeitete. Gleichzeitig baute er Golfschläger in seiner zweiten Firma „The Standard Golf Company“. Nachdem er 1896 ein Patent für Golfschlägerköpfe aus Aluminium erwarb, experimentierte er mit dem neuen Material. Die Vorteile gegenüber den Köpfen aus Eisen und Stahl waren neben dem Gewicht vor allem das gute Kontaktgefühl. Es gab den Spieler*innen ein weicheres, unmittelbares Feedback und führte so zu gefühlvolleren Putts. Aus diesem Grund entwickelte Mills neben Puttern auch andere „Hölzer“ wie Driver, Brassies und Spoon (vergleichbar mit heutigen Fairwayhölzern) mit Aluminiumköpfen.
„Long Nose Schläger“ des 19. Jahrhunderts als Vorbild
Verkaufsschlager Nummer Eins war aber der Putter. 1899 brachte Mills eine Weiterentwicklung der im 19. Jahrhunderts verbreiteten sog. „Long Nose Putter“ auf den Markt. Vor allem der bekannte Schlägerbauer Hugh Philp aus St. Andrews formte diesen Putter nach dem Vorbild der bereits verbreiteten „Long Nose Hölzern“ aus Buchenholz. Im Gegensatz zu Puttern mit dünnen Metallköpfen, verdickte sich der Kopf vom Schaft aus, sodass er breiter und massiger wurde. Der (Half)-Mallet-Putter war geboren! Mills ersetzte nun den hölzernen Kopf durch einen aus Aluminium. Dieser war nicht wie seine Vorbilder auf der Oberseite kompakt und rund, sondern zur Schlagfläche hin höher und verdickt. Vermutlich spielten hierfür Gewichtseigenschaften eine Rolle.
Der Golfboom im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts
Zwischen 1890 und 1900 kam es zu einem großen Aufschwung im Golfsport. Allein in England entstanden mehr als viermal so viele Golfclubs bis zu einer Gesamtzahl von 1357! Auch in Amerika setzte sich der Sport durch. Dort zählte man 1899 etwa 200.000 Golfer*innen in 750 Clubs. Diese Anzahl an Sportbegeisterten führte zu einer erhöhten Nachfrage an Golfschlägern. Aus diesem Grund stiegen immer mehr Golfenthusiasten in deren Entwicklung und Produktion ein. Drei große Tendenzen lassen sich in dieser Zeit festmachen: 1.) die Form der Hölzer wurde kompakter und breiter. Die „Long Nose Hölzer“ wurden nun durch die sog. „Bulger“, deren Form schon sehr den heutigen Schlägern ähnelte, ersetzt. 2.) Man spielte nun mehrheitlich (neuentwickelte) Eisenschläger als Hölzer auf der Runde. 3.) Die Zeit der Putter aus Eisen begann. Hatte man sich vor 1890 noch gegen Eisenputter ausgesprochen, so kehrte sich diese Einstellung um. Zudem entwickelten immer mehr Hersteller Putter mit dünnem Schlägerkopf. Diese sog. Blade-Putter galten zuvor als uneffektiv und „unschön“. Durch die hohen Bedarfe an Spielgeräten wurden immer mehr Patente eingereicht und der Schlägermarkt explodierte förmlich.
Der Mills - Ray Putter von 1911/12
William Mills sprang auch auf diesen Zug auf, allerdings ging er einen anderen Weg. Er glaubte an die Traditionalisten unter den Golfern und wählte daher eine bekannte Form für seinen Putter, die jedoch aus einem neuen Material gefertigt wurde. Der Erfolg dieses neuen Schlägers ließ nicht lange auf sich warten. Dennoch entwickelte und optimierte Mills sein Produkt immer weiter bis er schließlich 1912 den sog. Mills-Ray Putter auf den Markt brachte, was sein größter Verkaufsschlager wurde. Mit „Ray“ war Ted Ray gemeint, ein berühmter Spieler jener Zeit, der dem Schläger seinen Namen gab. Ted Ray war einer von nur drei britischen Golfern, denen es gelang, sowohl die Britisch als auch die US Open zu gewinnen. Ebenso existierte eine Kooperation Mills mit dem Golfstar James Braid. Die Doppelnamen zierten die Sohle des Schlägerkopfes und sollten durch die Popularität der Spieler für einen größeren Absatz sorgen. Außerdem befanden sich noch zahlreichen Stempelungen wie Register- und Patentnummern, Gewicht und Lie sowie der Firmenname auf dem Schlägerkopf. Die Schlagfläche wies ein graviertes Schachbrettmuster auf. Auffällig sind zudem auf der Rückseite des Kopfes zwei dunkle, kreisrunde Verfärbungen aus einem anderen Material. Vermutlich wurden hier Gewichte eingelassen, die die Balance des Kopfes verbesserten. Produziert wurde das Modell bis Mitte der 1930’er Jahre. Das genaue Alter kann man heute anhand der Registernummern auf den Köpfen bestimmen.
Zukunftsweisend
Dies weist bereits Züge unserer heutigen modernen Schlägerherstellung auf, bei der Schlägerköpfe durch eine Reihe von Extras, wie verschiebbaren Gewichten, verstellbarem Loft oder unterschiedlichen Materialen, immer weiter optimiert werden. Der Mills – Ray Putter gilt daher nicht nur als Produkt eines der erfolgreichsten Clubmaker des 20. Jahrhunderts, sondern auch als wegweisendes Objekt der Ingenieurkunst des Schlägerbaus.
Fotonachweis
Abbildung 1 aus Graham Walters: Sir William Mills and the Standard Golf Company 1895-1939, 2016
Sonstige Abbildungen Frank Biller